Wer im Internet gebrauchte Kameras, Designerjeans oder Couchtische erwirbt, hat damit selten im Sinn, die Umwelt zu entlasten. Aber in der Summe führt der Gebrauchtwarenhandel im Internet zu weniger Neukäufen und damit zu „positiven ökologischen Effekten“. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse eines Forschungsprojektes, das den Gebrauchtwarenhandel auf eBay unter Umweltgesichtspunkten analysiert hat.
Die Forschungsarbeiten wurden vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) gefördert und vom Berliner IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, der Goethe Universität Frankfurt/Main und dam Borderstep Institut durchgeführt. Der Online-Marktplatz eBay war aktiv eingebunden, dadurch konnten unabhängige Wissenschaftler/-innen erstmals 6.700 eBay-Nutzerinnen und -Nutzer online befragen.
Die breit angelegte Nutzerbefragung ergab, dass es von Produktgruppe zu Produktgruppe völlig unterschiedlich ist, inwieweit ein Gebrauchtkauf auf eBay tatsächlich den Kauf eines fabrikneuen Produktes ersetzt. So wäre ohne eBay von 40,4% der Befragten die gebraucht erworbene Kinderkleidung neu gekauft worden. Bei Notebooks hätten 25,5% ohne eBay das gebrauchte Notebook stattdessen neu erworben. Bei über einem Viertel der Käufer wurde durch den Sofa-Kauf auf eBay der Kauf eines Neuproduktes vermieden. Allerdings gibt es auch eine Gruppe die sich ohne eBay diese Produkte nicht gekauft hätte. Sie ist aber deutlich kleiner.
„Alle diese durch Wiederverkauf im Internet wegfallenden Neukäufe entlasten allerdings nicht automatisch die Umwelt“, betont der Koordinator des Forschungsprojektes Dr. Siegfried Behrendt vom IZT. „Wie sich die Nutzungsdauerverlängerung durch den partiellen Ersatz eines Neuproduktes auf die Umwelt auswirkt, kann nur produktspezifisch beantwortet werden. Unsere Abschätzungen zeigen, dass z.B. die Nettobilanz der Treibhausgasemissionen für den privaten Gebrauchthandel auf eBay bei den Produkten positiv ausfällt, die während der Nutzung kein Strom oder Wasser benötigen.“ Das sind rund 80% der gehandelten Produkte auf eBay. Für strom- und wasserverbrauchende Produkte spielt das Alter der Geräte und damit die Effizienz der Geräte eine große Rolle, ob sich ein Gebrauchtkauf ökologisch lohnt.
Des Weiteren gelang es den Wissenschaftler/-innen, die Nutzer der eBay-Plattform fünf Verbrauchergruppen zuzuordnen. Prof. Birgit-Blättel-Mink (Goethe-Universität Frankfurt): „Dabei war vor allem erstaunlich, dass bei Einkommen, Geschlecht, Bildungsstand, Alter, also den soziodemografischen Merkmalen, kaum nennenswerte Unterschiede auszumachen sind. Die Unterschiede zwischen den Konsumtypen liegen in ihren Einstellungen und ihrem Verhalten“. Fünf Typen wurden identifiziert:
Die preisorientierten Gebrauchtwarenkäufer (20%) nutzen eBay, um Dinge kaufen zu können, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Die Gebrauchtwaren-Skeptiker (20%) verdanken ihren Namen einer weit überdurchschnittlichen Skepsis gegen Gebrauchtwaren insgesamt. Sie weisen eine geringe Handelsaktivität auf eBay auf, sowie eine geringe Nutzung des Internets überhaupt. Anders als die preisorientierten Gebrauchtwarenkäufer, die gebrauchte Produkte häufiger über Handelsplätze wie Flohmärkte oder Kleinanzeigen in Zeitungen handeln, kaufen die Online-Käufer (15%) überwiegend online neue wie gebrauchte Produkte, sehr selten dagegen auf klassischen (Gebrauchtwaren-)Märkten. Die umweltorientierten Gebrauchtwarenkäufer (22%) sind die Personengruppe, die ausgeprägtes Umwelthandeln auf eBay aufweist. Die Gruppe der Prosumer zeichnet sich vor allem durch eine hohe Weiterverkaufsorientierung aus, und zwar sowohl in ihrem Umgang mit Produkten, als auch in ihrer Verkaufsmotivation insgesamt. So behandeln sie beispielsweise Produkte pfleglicher, um sie später weiterverkaufen zu können. Es sind insbesondere ökonomische und soziale Motive, durch welche sie zum Handel auf eBay angeregt werden.
Insgesamt –so Dr. Siegfried Behrendt- hat sich das Konsumverhalten durch eBay messbar verändert. Eine Tendenz zum höherwertigen Konsum wird unterstützt. Wegwerfen kommt für viele nicht in Frage. Dies bietet große Chancen für eine Umweltentlastung.“ Dr. Stephan Zoll, Geschäftsführer von eBay Deutschland: „In deutschen Haushalten werden nicht mehr benötigte Produkte mit einem durchschnittlichen Wert von 1000 Euro aufbewahrt. Hochgerechnet sind das über 40 Milliarden Euro.“ Über die Hälfte der Befragten geben an, diese Gegenstände zu Hause zu lagern, nicht mehr zu benutzen und eigentlich weiter geben zu können.
Um diese Potenziale zu erschließen, sind mehrere Hemmnisse zu überwinden. Ein zentrales Problem im Gebrauchtwarenhandel besteht darin, dass viele Käuferinnen und Käufer wenig Erfahrung mit dem Gebrauchtkauf und –verkauf haben und auch unsicher über die Qualität der angebotenen Produkte sind. Hier ist es wichtig, so Dr. Jens Clausen (Borderstep Institut) „das Vertrauen in Secondhandprodukte zu stärken und die Vielfalt der Handelsplätze und Serviceangebote bekannter zu machen“. Bei der Erschließung des Gebrauchtwarenmarktes kann es auch hilfreich sein, Angebote für bestimmte Lebenssituationen zu entwickeln: Umzug, Geburt, Gründung eines Hausstandes, Aufnahme eines Studiums. Hier bieten sich vielfältige Chancen gerade auch für den gewerblichen Gebrauchtwarenhandel.
Die Forschungsergebnisse werden im Springer Verlag publiziert.
Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), Berlin
Lorenz Erdmann, Christine Henseling, Sie Liong Thio, Michaela Wölk, Dr. Siegfried Behrendt
Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit, Berlin
Dr. Jens Clausen, apl. Prof. Dr. Klaus Fichter, Wiebke Winter
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main
Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink, Dirk Dalichau, Saskia-Fee Bender
Praxispartner: eBay Deutschland
Weitere Informationen: Dr. Siegfried Behrendt Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Schopenhauerstr. 26, 14129 Berlin Tel. +49.(0)30.80308810 Fax +49.(0)30.80308888 E-Mail: s.behrendt@izt.de